Selling
Wilhelm Selling war bereits Spieler in der ersten Aufführung der Oberuferer Weihnachsspiele, die
unter der Leitung Rudolf Steiners im Jahre 1910 einstudiert worden waren.
Nach dem II. Weltkrieg ging von ihm die Initiative zur Wiederaufführung der Spiele aus.
Er selbst hielt Ausschau nach Mitspielern, die sich dann wiederum an Freunde und Bekannte sowie
frühere Mitspieler wandten.
Ich war zu dieser Zeit neun Jahre alt, konnte also nicht mitspielen, habe aber fast alle Spiele
gesehen. Was ich jetzt beschreibe, sind meine Erinnerungen als Kind und Jugendliche.
Wilhelm Selling übernahm die Leitung und spielte damals den Gott Vater im Paradeisspiel und
seine Frau, Karin Flack-Selling begleitete die Spiele musikalisch am Klavier.
Die Ausstattung der Spiele war in der damaligen Zeit nur mit Mühe zusammen zu tragen.
Wilhelm Selling brauchte keine Perücke. Er trug immer schulterlanges weißes Haar, das genau zu
dieser Rolle passte.
Er und seine Frau traten meist gemeinsam in Erscheinung. Ihr Äußeres war sehr ähnlich. Beide
trugen die weißen Haare und oft dunkle lange Umhänge. Sie fielen überall auf.
Als ich die Schule verlassen hatte und 1957 selbst Mitspielerin wurde, lernte ich das Ehepaar auch
persönlich kennen.
Ich empfand Vater Selling, wie er damals in der Spielkumpanei genannt wurde, als energischen,
eigenwilligen Menschen, der aussprach, was er dachte. Seine Spielanweisungen waren oft bildhaft.
An eine Äußerung erinnere ich mich:
„Wenn Du auf die Bühne gehst, gib Deinen ….(Name)... mit allen Eitelkeiten an der Garderobe ab
und stelle nur Deine besten Fähigkeiten dem Spiel zur Verfügung .“
Es war ihm sehr daran gelegen, dass die Mitspieler aus innerer Überzeugung mitwirkten und den
tiefen Wahrheitsgehalt der Spiele empfinden konnten und zum Ausdruck bringen wollten.
Er selbst spielte bis zu seinem Lebensende, als bereits Helmut Anders die Leitung übernommen
hatte.
Christine Bentert, geb. Schruteck,
langjährige Mitspielerin,
Berlin im Dezember 2017
Oberuferer Weihnachtsspiele
im Zusammenhang mit
Rudolf Steiner, Dornach und
Winterzeit